Anbieter von Online-Angeboten stärker in die Pflicht nehmen
Berlin (ots) - Eine gute Alterskennzeichnung ist für fast alle Eltern in Deutschland (97 Prozent) ein wichtiges Auswahlkriterium für die Nutzung von Social-Media-Diensten oder Spielen durch ihre Kinder. Entsprechend achtet die große Mehrzahl der Eltern (88 Prozent) bei der Auswahl von Filmen, Apps, Spielen oder Streaming-Diensten auf die Alterskennzeichnung. Das bei manchen Anbietern bestehende Verfahren zur Prüfung des Alters (Bestätigung der Volljährigkeit durch Klick) finden vier Fünftel der Befragten (81 Prozent) nicht ausreichend, um Kinder und Jugendliche vor nicht altersgerechten Inhalten und Angeboten zu schützen. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Mauss Research im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes zum Kinder- und Jugendmedienschutz.Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten gibt an, dass ihr Kind bereits negative Erfahrungen bei der Online-Mediennutzung gemacht hat. Wenn ihr Kind im Internet mit negativen bzw. unangemessenen Inhalten in Kontakt kommt, weiß nur etwas mehr als ein Drittel der befragten Eltern (37 Prozent), an wen sie sich wenden können. Von dieser Gruppe würden sich wiederum zwei Drittel der Befragten (62 Prozent) an eine staatliche Strafverfolgungsbehörde, vor allem die Polizei, wenden.
Die Bemühungen der Anbieter von Online-Angeboten für den Kinder- und Jugendschutz wurden als unzureichend bewertet. Besonders schlecht schneiden hier Anbieter von Messenger-Diensten und Videoplattformen ab, deren Schutzbemühungen nur jeweils 27 Prozent als ausreichend ansehen, bei Anbietern sozialer Medien wie Facebook oder Instagram sehen das sogar nur 18 Prozent so. Gleichzeitig fordern fast alle Befragten im Falle von Verstößen gegen den Kinder- und Jugendschutz härtere Strafen für Anbieter, eine verlässliche Altersfeststellung bei für Kinder ungeeigneten oder schädigenden Angeboten sowie ein effizientes Melde- und Beschwerdesystem bei Verstößen gegen den Kinder- und Jugendschutz (jeweils 93 Prozent).
Potentielle Angebote, die den Eltern dabei helfen könnten, ihre Kinder im Netz sicher zu begleiten und zu unterstützen, werden insgesamt sehr positiv bewertet: Mindestens vier Fünftel der Befragten stufen diese als sehr hilfreich oder hilfreich ein. Dabei zeigt sich, dass Angebote, die eher ohne eigenes Zutun umgesetzt werden können, wie funktionierende Jugendschutzeinstellungen (91 Prozent) oder eine verständliche, einheitliche Alterskennzeichnung (88 Prozent), als hilfreicher eingeschätzt werden als Angebote, die eine stärkere Eigeninitiative bzw. persönliches Handeln mit sich bringen würden, wie Beratungs- und Beschwerdestellen (84 Prozent) oder Schulungen zur Medienerziehung (80 Prozent).
"Wir brauchen einen am realen Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen orientierten, ganzheitlichen Kinder- und Jugendmedienschutz. Dieser sollte sich den aktuellen und zukünftigen Phänomenen und Technologien anpassen, für Eltern und Kinder transparent sein, ihnen jederzeit Hilfemöglichkeiten anbieten und gleichzeitig eine altersangemessene Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in der digitalen Welt nicht behindern. Eltern brauchen ebenso wie ihre Kinder mehr Unterstützung für eine sichere und kompetente Internetnutzung. Dazu gehört auch, dass Altersfreigaben für Medieninhalte, die einmal geprüft wurden, konsequent auch auf andere Verbreitungsmedien übertragen werden, ob Online- oder Offlinemedium. Doppelprüfungen mit teilweise unterschiedlichen Altersfreigaben müssen der Vergangenheit angehören", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
"Das muss einhergehen mit wirksameren gesetzlichen Rahmenbedingungen und Maßnahmen. Insbesondere die Anbieter von Medieninhalten und Mediendiensten, ob im Inland oder Ausland, sollten hier im Fokus des Gesetzgebers stehen und sind gleichzeitig selbst in der Pflicht. Für sie braucht es einen klaren Rechtsrahmen, der verschiedene Maßgaben wie Altersfeststellung, Transparenz und Beratung für einen wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutz bezogen auf das jeweilige Angebot zwingend vorsieht. Dafür sind ebenso Kontrollmechanismen wie auch eine konsequentere Bestimmung von Rechtsfolgen bei Verstößen notwendig. Zur effektiven Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutzes sind Verstöße von Anbietern gegen geltendes Jugendschutzrecht durch wirkungsvolle Sanktionen zu ahnden", so Krüger weiter.
Für die repräsentative Umfrage zum Kinder- und Jugendmedienschutz wurden vom Meinungsforschungsinstitut Mauss Research im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.003 Erziehungsberechtigte, die mindestens ein Kind unter 18 Jahren haben, befragt. Die Fehlertoleranz der Umfrage liegt mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit bei maximal 1,4 (bei einem Anteilwert von 5 Prozent) bzw. 3,1 Prozentpunkten (bei einem Anteilwert von 50 Prozent).
Eine Zusammenfassung der Umfrage mit allen Einzelergebnissen findet sich unter www.dkhw.de/umfrage-jugendmedienschutz.
Die repräsentative Umfrage erfolgte im Rahmen eines Projektes der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie 2016-2021) und wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
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