Deutsche Umwelthilfe identifiziert 59 weitere "Hot Spots" der Luftbelastung mit dem Dieselabgasgift NO2
Berlin (ots) - Höchster gefundener NO2-Wert stammt aus Stuttgart mit knapp 60 µg/m3 - Alarmierende Ergebnisse gerade auch vor Kinder- und Gesundheitseinrichtungen auf einem und zwei Metern Höhe gemessen - Deutsche Umwelthilfe fordert konsequente Aussperrung schmutziger Diesel-Fahrzeuge aus hochbelasteten Innenstädten und endlich eine verpflichtende Hardware-Nachrüstung für alle besonders schmutzigen Euro 5 und 6 Diesel-Pkw - Behörden müssen zusätzliche eigene Messungen an Orten mit gesundheitlich relevanten NO2-Belastungen und effektive Maßnahmen startenDie Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mithilfe zahlreicher Bürgerinnen und Bürger zum dritten Mal deutschlandweit die Belastung der Atemluft mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) gemessen. Bei der bundesweiten 'Citizen Science'-Aktion vom 1. März bis 1. April 2019 wurden an 417 Messstellen sogenannte Passivsammler montiert. Dabei standen Messorte an oder in unmittelbarer Nähe von Kindergärten, Schulen, Arztpraxen, Krankenhäusern, Pflege- und Seniorenheimen im Fokus. Nicht nur alten und gesundheitlich vorbelasteten Menschen, sondern auch Kindern schaden die giftigen Abgase besonders und tragen unter anderem zu Diabetes und Asthma bei. Daher hingen die Messröhrchen jeweils auf einem und zwei Metern Höhe und damit auch auf Atemhöhe von Kindern.
Von den 417 Messpunkten, an denen Messröhrchen aufgehängt wurden, konnten 347 ausgewertet werden. Hierbei wurden 58 neue Hot Spots mit Überschreitungen des derzeitigen EU-Grenzwerts für NO2 von 40 µg /m³ identifiziert. Der höchste NO2-Wert innerhalb des vierwöchigen Messzeitraums wurde an der Heilbronner Straße in Stuttgart, direkt neben einer Kindertagesstätte gemessen: auf einem Meter Höhe lag der NO2-Wert bei 59,7 µg/m³ und auf zwei Metern Höhe bei 46,9 µg NO2/m³. An einigen Messstellen konnte der geltende Grenzwert auf zwei Metern Höhe zwar eingehalten werden, auf einem Meter Höhe wurden jedoch Werte von 40 µg/m3 und mehr ermittelt. Beispielsweise an einer Schule in der Mallinckrodtstraße in Dortmund wurden auf zwei Metern Höhe 36,3 µg/m3 gemessen. Auf einem Meter Höhe waren die Schulkinder jedoch einem NO2-Wert von 43,3 µg/m3 ausgesetzt.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Wir haben in Deutschland noch immer ein flächendeckendes Problem mit zu hohen Werten des Dieselabgasgiftes Stickstoffdioxid. Unsere Messaktion zeigt, dass die NO2-Belastung leider vielerorts dort besonders hoch ist, wo sich Kinder oder gesundheitlich Vorbelastete aufhalten. Wir brauchen viele weitere amtliche Messungen und darauf aufbauende Modellierungen der NO2-Belastung entlang des Hauptstraßennetzes, damit auch Stadtteile ohne offizielle Messstationen in den Luftreinhalteplänen berücksichtigt werden können. Spätestens Ende dieses Jahres müssen die EU-Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft eingehalten werden. Dies ist vielerorts nur durch Einfahrverbote für schmutzige Diesel-Fahrzeuge und eine Hardware-Nachrüstung aller betroffenen Euro 5+6 Diesel sicherzustellen."
Auffallend hohe NO2-Grenzwertüberschreitung gab es in Rostock in der Lübecker Straße mit einem NO2-Wert auf einem Meter Höhe von 48,4 µg/m3 und auf zwei Metern Höhe von 45,4, µg/m3. Weitere Höchstwerte liegen in Hamburg, an der Stresemannstraße bei 51,6 µg/m3, in Berlin am Mehringdamm bei 51,3 µg/m3 und in Aschaffenburg mit einem Wert von 46,9 µg/m3 an der Landingstraße. An 123 Standorten wurden Monatsmittelwerte zwischen 30 bis 40 µg/m³ gemessen, bei 139 Standorten gab es Werte zwischen 20 und 30 µg/m³. Nur an 8 Prozent der Standorte lagen die NO2-Werte unter 20 µg/m³. Dabei belegen aktuelle Studien wie die des Umweltbundesamts von 2018, dass bedenkliche Gesundheitsschäden bereits ab einer Belastung von 20 µg NO2/m3 auftreten.
Ergänzend zu den Citizen Science-Untersuchungen führen die DUH und andere Umweltverbände in bekanntermaßen hoch belasteten Städten weitere NO2-Messungen durch. Diese ergaben neue NO2-Grenzwertüberschreitungen an 70 Messstellen, beispielsweise in München oder Nürnberg. Mittlerweile hat die DUH in Deutschland an 1.351 Standorten gemessen. Alle Werte über 30 µg NO2/m3 finden Sie ab sofort in unserer neuen interaktiven Abgasalarmkarte unter http://www.duh.de/abgasalarm/.
"Angesichts der andauernden deutschlandweiten NO2-Überschreitung können die kürzlich von Transport & Environment veröffentlichten Zahlen zum Rückruf von Betrugs-Diesel-Pkw in der EU nur verwundern. Ganze 10 Millionen der insgesamt 43 Millionen Euro 5+6 Diesel-Pkw mit schadhafter Abgasanlage wurden bislang zurückgerufen. Die dort durchgeführten Software-Updates führen aber nicht zu einer wirklichen Verbesserung der Abgasemissionen. Besonders ärgerlich ist die Tatsache, dass Diesel-Gebrauchtfahrzeuge mit defekter Abgasreinigung nach Osteuropa verschoben und dort die Städte mit giftigen Dieselabgasen fluten. Die Bürgerinnen und Bürger in Budapest, Prag oder anderen Städten im Osten Europas haben das gleiche Recht auf "Saubere Luft" wie der Rest der EU. Wenn Angela Merkel es mit der angekündigten Kurskorrektur in der Umwelt- und Klimapolitik ernst meint, muss sie die verpflichtende Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller durchsetzen", so Resch weiter.
Hintergrund:
Die Messungen mit Passivsammlern sind ein international anerkanntes Messverfahren, das auch von den Bundesländern als offizielle Messtechnik dort eingesetzt wird, wo es keinen ausreichenden Platz für die voluminösen Messcontainer gibt. Die DUH arbeitet für ihre Messaktion mit dem akkreditierten schweizerischen Analyselabor Passam AG zusammen, das auch die meisten amtlichen Passivsammler-Messungen in Deutschland auswertet.Passivsammler sind kleine Röhrchen, in denen sich eine chemische Substanz befindet, die Stickstoffdioxid (NO2) bindet. Über einen Monat misst die DUH die Belastung der Luft mit NO2. Der resultierende Wert der festgestellten NO2-Konzentration in der Luft wird durch eine chemische Analyse im Passam Labor ermittelt.
Links:
- Interaktive Karte mit allen bislang bekannten Orten gesundheitsbelastender NO2-Werte in der Atemluft: http://www.duh.de/abgasalarm
- Häufige Fragen klären wir hier: http://www.duh.de/abgasalarm/faqs-abgasalarm/
- Zur Studie von Transport & Environment über die Rückrufe von Diesel-Pkw: http://ots.de/5ZZr26
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer0171 3649170, resch@duh.de
Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung
030 2400 86772, saar@duh.de
DUH-Pressestelle:
Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse@duh.de
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Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell
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