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Konferenz ADHS: Stellungnahme zum "Zentralen ADHS-Netz"

(openPR) Das "Zentrale ADHS-Netz" veröffentlichte kürzlich ein aktualisiertes Eckpunktepapier zu ADHS. Hierzu nimmt die KONFERENZ ADHS www.adhs-konferenz.de wie folgt Stellung:

1. „ADHS” ist eine Sammelbezeichnung für verschiedenste Verhaltensweisen von Kindern. „ADHS” ist keine spezifische Störung, weder ätiologisch noch symptomatologisch. Die Feststellung des „zentralen adhs-netzes”, dass in der Mehrzahl der Fälle (nach M. Romanos, Würzburg, in bis zu 80%) andere psychische Auffälligkeiten vorliegen, bestätigt dies. Diese sogenannten „Komorbiditäten” sind eigentlich die Hauptdiagnose. Wozu dann noch eine neue „Diagnose” erfinden?

2. Verhaltensstörungen von Kindern sind häufig, und wenn die Ursachen nicht verstanden und erkannt werden, verschlimmern sich die Lagen der Kinder oft. Das liegt nicht daran, dass es immer mehr „kranke Kinder” gäbe, sondern dass die familiären und gesellschaftlichen Gesamtlagen zunehmend schwieriger werden. Doch „ADHS” gibt es nicht als eigene Krankheit, darum kann sie auch nicht chronifizieren. Was chronifziert, sind Symptome nicht verstandener Kinder.

3. Wer behauptet, es lägen „gut gesicherte empirische” Erkenntnisse zu „ADHS” vor, der beschönigt die in Wahrheit magere Studienlage. Wer behauptet, es sei klar, dass „genetische Ursachen” den größten Anteil haben, der verdreht die Forschungslage. Alle Metastudien zur genetischen Forschung bei „ADHS” zeigen negative, keine oder nur vernachlässigbare, außerdem unspezifische Korrelationen von „Genen” und Verhaltensstörungen. Frühere Studien zur Verhaltensgenetik sind methodisch fehlerhaft. Die Fixierung auf genetische Daten übersieht zudem, dass in der wissenschaftlichen Genetik seit 20 Jahren die Rolle epigenetischer Faktoren für die Umsetzung von Gen-Informationen betont wird. Nur deren umweltabhängige Aktivierung (wobei auch psychische Faktoren eine Rolle spielen) lässt genetische Kodierungen überhaupt erst wirksam werden.

4. Die „Diagnose” von „ADHS” ist weder valide noch reliabel. Allein die Interrater-abweichungen der Skalen sind so hoch, dass man auch würfeln könnte. Aus nicht operationalisierten qualitativ-subjektiven Einschätzungen wird über Pseudoquantifizierung und einen willkürlichen Grenzwert dann sehr schnell die „Diagnose ADHS” konstruiert. Oft wird die „Diagnose” nach wenigen Minuten per Augenschein gestellt. Die Eltern „wissen” sie oft schon im Vorfeld und suchen dann nur noch einen Arzt, der die Diagnose stellt. In den einschlägigen Internetforen werden die Namen solcher Ärzte ausgetauscht.
Aber auch eine aufwändigere Diagnostik liefert nur Hinweise auf unspezifisches, multikausales Verhalten, keineswegs auf eine Krankheit namens ADHS. Die Diagnose ist eine rein klinische Verhaltenseinschätzung, es gibt keinerlei Biomarker, die eine spezifische körperliche Störung begründen könnten.
Prävention bedeutet wie bei allen anderen Störungen auch: Das in eine gute familiäre, schulpädagogische und psychosoziale Umwelt eingebettete Aufwachsen unserer Kinder. „ADHS”-Kinder brauchen kein Spezialprogramm, das nicht auch bei allen anderen Kindern gut wirken würde. Es gibt keine ADHS-spezifische Therapie.

5. Die Beschwörung eines „multimodalen Ansatzes” bei „ADHS” verschleiert die oft reale Einengung der Behandlung auf Medikation. Die Medikation hat erhebliche Nebenwirkungen und keine günstigen Langzeitwirkungen. Eher wird damit ein psychosomatisches Neulernen behindert, weil das Medikament neuronale Prozesse besetzt, die dann nicht mehr durch reale neue Beziehungserfahrungen verändert werden können. Das Medikament wird zur „Gewissensprothese”. Die meist auch noch präferierte Verhaltenstherapie gleicht allzu oft einer „Programmierung”. Auch hier wird echtes Verstehen und Selbstverstehen der Gefühlslagen vermieden. Die gut dokumentierten Fälle von erfolgreicher Behandlung mit psychodynamisch orientierten Therapien werden weitgehend ignoriert (s. Neraal & Wildermuth sowie Staufenberg). Eine ausschließliche Medikation trägt dazu bei, die oft psychosozialen Ursachen der Verhaltensschwierigkeiten auszublenden.

6. Verbesserungswünsche zur Forschungslage sind ein Mittel, bescheiden zu erscheinen. Dennoch wird hier der Begriff „evidenzbasiert” zu unkritisch benutzt. Dieser Begriff soll wie eine Art „Gütesiegel” vermarktet werden und unterstellt, dass das, was unter seiner Flagge läuft, sozusagen „geprüfte Wissenschaft” ist, alles andere aber nicht. Man sollte es aber besser mit Einstein halten: "Nicht alles zählt, was man zählen kann; und nicht alles, was zählt, kann man zählen".

7. Komplexe Hilfesysteme für schwierige Kinder perpetuieren und verstärken oft das Symptom (Biene 2011). Eine einzige echte Vertrauensperson in der Therapie reicht oft aus. Allzuviel „Zusammenarbeit” lässt dem Kind überhaupt keine Chance mehr, überhaupt noch von jemandem unvoreingenommen ohne „Diagnose” erlebt und betrachtet zu werden. Diagnosen können stigmatisieren. Die Eltern müssen wieder in ihre alleinige, volle Kompetenz und Zuständigkeit für ihr gesundes Kind kommen dürfen.

8. Siehe oben: Hilfesysteme dürfen keine Symptomstabilisierer sein. Fluchten müssen möglich gemacht werden, sonst bildet sich eine Kollaboration der Erwachsenen gegen das Kind. Alle wissen, was es braucht, nur ihm selbst wird abgesprochen, seine Geschichte zu verstehen, zu erzählen und in die Hand zu nehmen.

9. Selbsthilfegruppen vertreten meist den biologistischen Ansatz und werden nicht selten von der Pharmaindustrie gesponsert. Sie sind selten offen für alternative Deutungsmuster und reagieren abwehrend auf ganzheitliche Ansätze. Darum sind sie nicht die besten Partner, wenn jemand eine Alternative sucht.

10. Unabhängige, ganzheitliche Aufklärung über „ADHS” ist dringend nötig, denn fast alles liegt in der Hand des Medizinsystems, der Pharmaindustrie und der Interessengruppen. Nicht das Medizinsystem ist zuständig für ein psychosoziales Phänomen. Hier sind Beziehungsarbeiter zuständig, Eltern, Empathen, Psychotherapeuten, Pädagogen, Anwälte der Kinder, nicht Anwälte der Diagnose.

11. Wer die genetische Hypothese zu ADHS als belegte Wahrheit veröffentlicht, riskiert seine wissenschaftliche Glaubwürdigkeit. Die bisher bekannten genetischen Befunde stehen nur für ca. 5% der Verhaltensvariation. was für die Forschung interessant sein mag, für die klinische Praxis aber vernachlässigbar. Der gegenwärtige Forschungsstand erlaubt in keiner Weise, Betroffenen einzureden, ADHS sei genetisch bedingt.

12. Die oft geäußerte Vorstellung, dass eine ADHS im Kindesalter mit dem erhöhten Risiko einer ADHS beim Erwachsenen einher geht, ist nach neueren Untersuchungen falsch: Eine Studie von Moffitt (2015) zeigt, dass kaum eines der Kinder mit ADHS-Diagnose die Symptome noch im Alter von 38 Jahren zeigt, während umgekehrt jene Erwachsene, bei denen ADHS festgestellt wurde, die Diagnose als Kind meist noch nicht bekommen hatten.


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Reinhard Schmidt
Konferenz ADHS
Sebastianstr. 171, 53115 Bonn
Tel. 0228-54888650

Konferenz ADHS ist eine freie und unabhängige Vereinigung von engagierten Zeitgenossen, die die gegenwärtige Entwicklung unserer Kinder im Zusammenhang mit ADHS - dem sog. Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom - mit Sorge verfolgen. Die Sorge bezieht sich nicht nur auf die erschreckend zunehmende Medikation mit einschlägigen Psychopharmaka, sondern vor allem auch auf die zugrundeliegende Auffassung eines unreflektierten Verhaltensbiologismus und einer dazu passenden wissenschaftlich fragwürdigen nosologischen Entität bzw. "Krankheit" namens ADHS.
www.adhs-konferenz.de


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